Pleite von Schubert und Bäcker Heil: Saarbrücken steht vor starkem Wandel

Die Saarbrücker Innenstadt wird sich stark verändern. Davon ist der Stadt-Manager Sebastian Kurth überzeugt. Inflation und Kaufzurückhaltung setzen dem Handel zu. Beispiele sind die Pleiten der Traditionsbäcker Schubert und Heil. Bei einem Podcast-Gespräch sagt er: Gastronomie und Events werden immer wichtiger, damit Menschen überhaupt noch in die Stadt kommen.
Das Foto zeigt die Skyline von Saarbrücken
Wie wird sich Saarbrücken weiterentwickeln? Stzadt-Manger Sebastian Kurth hat dazu ein klares Bild. Foto: Lauer
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Wie wird sich Saarbrücken weiterentwickeln? Stzadt-Manger Sebastian Kurth hat dazu ein klares Bild. Foto: Lauer

Pleiten von Schubert und Bäckerei Heil waren ein Schock

Spektakuläre Pleiten halten Saarbrücken in Atem: Die Traditionskonditorei Schubert meldete vor einigen Wochen Insolvenz an. Vor ein paar Tagen folgte mit der Bäckerei Heil der zweite Pleiteschock – in bester Lage. Monatelang zitterte die Stadt zudem vor der Kaufhof-Schließung. Die Landeshauptstadt ist im Wandel. Und das Ende ist nicht erreicht: Das bekennt Sebastian Kurth, bei der Landeshauptstadt Amtsleiter Wirtschaftsförderung und Arbeitsmarkt, in einem aktuellen Podcast-Beitrag.

Die Europa-Galerie kämpft mit Leerständen. Kürzlich war Räumungsverkauf bei s’Oliver. Am Samstag, 2. September, strich die Modekette die Segel in Saarbrücken. Weitere Einkaufsstraßen in der Landeshauptstadt leiden ebenso an “Zahnlücken”.

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In letzter Minute hat die Zusage des Modehauses Aachener eine leerstehende Kaufhof-Ruine im Herzen der Stadt verhindert. In den kommenden Wochen soll es hier endlich weitergehen.

Mehr Gastronomie, weniger Handel

Die Zukunft der Stadt sieht Sebastian Kurth, wenn man ihm genau zuhört, nicht beim Handel. Zumindest nicht mehr vorrangig wie noch vor zehn oder fünfzehn Jahren. Im Podcast “Kurz Kommunal” mit Jeanne Dillschneider, eine von zwei Fraktionsvorsitzenden der grünen Stadtratsfraktion, sagt er: “Wir glauben, dass der Handel als entscheidender Treiber der Innenstadt zwar für die Zukunft weiter wichtig sein wird, aber auch andere Bereiche eine größere Rolle übernehmen werden.” Als neue Nutzer nennt er: Gastronomie, Dienstleistungen, Wohnen und Kultur. An seinem Lieblingsort in Saarbrücken, dem St. Johanner Markt, findet Kurth diesen Mix der Zukunft bereits vor. Er ist übrigens aus der Praxis und weiß, wovon er spricht: Sebastian Kurth ist gelernter Einzelhandelskaufmann, hat BWL studiert und war von 2014 an Chef der Saarbrücker Europa-Galerie. 2018 wechselte zur Stadt Saarbrücken, wo er seither als Amtsleiter der oberste Wirtschaftsförderer ist.

Sebastian Kurth und Jeanne Dillschneider

Spannende Prognosen zur Saarbrücker Innenstadt-Zukunft formulierte Sebastian Kurth beim Podcast von Jeanne Dillschneider, Vorsitzende der Saar-Grünen. Foto: Privat

Verzicht auf Torte – Brötchen vom Discounter

Im Podcast-Gespräch mit Jeanne Dillschneider, die auch Landesvorsitzende der saarländischen Grünen ist, sagt er: “Wir beschäftigen uns schon seit Jahren mit der Transformation der Innenstadt, denn es ist tatsächlich eine Transformation. Dort findet ein starker Wandel statt.”

Insolvenzen von Vorzeige-Unternehmen wie der Konditorei Schubert oder der Bäckerei Heil zeigen: Die Gewerbetreibenden sind stark unter Druck durch Serien-Krisen. “Corona, Ukraine-Krise, Energiekrise, jetzt sind wir in der Rezession, wir haben eine Inflation und eine unglaubliche Kaufzurückhaltung”, zählt Kurth auf. Was auch die bekannten Stadtbäcker an den Abgrund gedrängt hat: Kund:innen verzichten lieber auf das Stück Torte oder wechseln für Brot und Brötchen zum Discounter.

Starke Bereinigung findet gerade statt

Die Entwicklung legt gerade mit Schwung den Rückwärtsgang ein: Über Jahre und Jahrzehnte hätten “sehr viele Geschäfte eröffnet” und es habe nur eine Richtung gegeben: “Neue Geschäfte und zusätzliche Flächen.” Der Stadt-Entwickler weiter: Jetzt findet “eine starke Bereinigung statt.”

Ist es also vorstellbar, dass wir in der Bahnhofstraße oder in der mit Leerständen kämpfenden Europa-Galerie in Zukunft auf einen Mix aus Restaurants, Wohnungen und ein paar Geschäfte treffen? Gut möglich.

Das Foto zeigt die Aufzeichnung des Podcasts

Stadt-Manager Sebastian Kurth erklärt im Podcast mit Jeanne Dillschneider seine Vision für die Stadtentwicklung. Foto: privat

Sebastian Kurth beschreibt im Gespräch mit Jeanne Dillschneider, die sich im Stadtausschuss mit Wirtschaft und Digitalisierung beschäftigt, die Entwicklung während der Corona-Krise: “Wir haben selbst in den Zeiten der Pandemie über 30 Eröffnungen in der Innenstadt gehabt, aber die waren im Schwerpunkt Gastronomie-Bereich, wo wir stark sind.” Er glaubt, “dass sich Saarbrücken sehr stark in Sachen Gastronomie entwickeln wird”.

Mode und Schuhe gehen zurück

Ein “Weiter so” wird es nicht geben: Mode und Schuhe seien Bereiche, die aktuell zurückgingen, sagt Kurth. Es sei notwendig, “absolut flexibel” zu sein, “nicht nur wir als Stadt, als Verwaltung, sondern auch die Immobilieneigentümer, die Makler und die Gewerbetreibenden.”

Der Stadt-Entwickler sieht die Zukunft in Mixed-use-Objekten: Eine Mischnutzung aus Gastronomie, Dienstleistung, Gewerbe, Wohnen und Kultur. Als Beispiel nennt er den neuen Gebäudekomplex, der gegenüber der Europa-Galerie entsteht: Im Herbst eröffnet dort im Erdgeschoss die Drogeriekette Müller, im ersten Quartal 2024 folgt in den oberen Etagen ein neues H2-Hotel.

Events sollen Menschen in die Stadt ziehen

Der Handel wird in Zukunft eher nicht der Magnet sein, der die Menschen in die Innenstadt zieht – sicher nicht allein. “Ich kann heute auf dem Smartphone – oder womit auch immer ich online bin – alles bekommen, was ich will”, sagt Sebastian Kurth.

Events sind für ihn deshalb ein wichtiger Baustein: “Es muss einen Grund geben, in die Stadt zu kommen, es muss Anlässe geben”, sagt er im Podcast von Jeanne Dillschneider. Deshalb investiere die Stadt hier wieder “sehr stark”. Als Beispiele nennt er das Altstadtfest oder das Saar-Spektakel.

Stadt misst Besucherfrequenz mit Lasern

Wann ist eine Stadt attraktiv für neue Ansiedlungen? Die Währung hierfür ist die Besucherfrequenz. Die Landeshauptstadt Saarbrücken misst die Besucherfrequenz mit Laserstrahlen. Mittlerweile gibt es fünf solcher Zählpunkte, erklärt Stadt-Manager Sebastian Kurth: “Einen Zählpunkt haben wir seit mehreren Jahren. Vier weitere haben wir in diesem Jahr installiert.” So könne er täglich sehen, wie sich die Besucherfrequenzen in der Stadt entwickelten. “Damit sind wir professionell, damit können wir die Stadt verkaufen”, sagt Kurth mit Blick auf Investoren.

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Der Podcast „Kurz Kommunal“ ist bei Spotify, Apple und Youtube abrufbar. In Beiträgen von rund 15 Minuten Länge widmen sich die Grünen-Politikerinnen Jeanne Dillschneider und Claudia Schmelzer im Wechsel verschiedenen Saarbrücker Stadtthemen.

Verwendete Quellen:
– Podcast Kurz Kommunal
– Eigene Recherche