Seltene Fischotter im Saarland entdeckt: Darum fühlen sich die Tiere hier wohl

Fischotter sind tierische Sympathieträger. Weil sie vielerorts als ausgestorben gelten, sind sie besonders geschützt. Im Saarland hat sich jetzt mindestens ein Otter häuslich niedergelassen.
So sehen Fischotter aus. Foto: picture alliance/dpa/KEYSTONE | Walter Bieri
So sehen Fischotter aus. Foto: picture alliance/dpa/KEYSTONE | Walter Bieri

Seltene Fischotter im Saarland entdeckt

Im ersten Moment war dem Hobby-Naturschützer Hardy Welker nicht bewusst, was ihm da an der Blies bei Beeden nahe Homburg vor die Wildkamera geraten war. „Fischotter kannte ich aus meiner Zeit in Spanien, da war das ganz normal“, erzählt der 71-Jährige. Bis er jedoch seinen Film einem Experten aus einem Freiland-Forschungsinstitut schickte – und der ihn kurz darauf aufgeregt anrief und sagte: „Ist dir eigentlich klar, was du da hast? Das ist eine neue Säugetierart im Saarland!“

Auch für den Nabu-Vorsitzenden Winfried Anslinger ist klar: „Das ist eine Sensation. Diesen Fund kann man gar nicht überschätzen.“ Denn der Fischotter gilt seit über 100 Jahren im Saarland als ausgestorben. Dass Welker ihn filmen konnte, war Zufall: Denn eigentlich war er auf der Suche nach dem seltenen Schwarzstorch beziehungsweise dem Biber.

Doch dann wuselte ein Fischotter durchs Bild oder schnupperte an der Linse. Allein in den letzten acht Monaten – das letzte Mal Mitte März – habe er ihn viermal gefilmt und einmal deutlich gesehen. Welker geht sogar davon aus, dass auf seinen Filmen tatsächlich zwei verschiedene Exemplare zu sehen sind: Mithilfe von Markierungen hat er herausgefunden, dass eines der beiden ungefähr 90 Zentimeter und das andere etwa 1,20 Meter lang sei – also vermutlich sogar ein Weibchen und ein Männchen.

Aufschluss darüber, ob es sich um ein Tier oder gar ein Pärchen handelt, erwartet er nun von der Untersuchungen mehrerer Kotproben. Nach Auskunft des Umweltministeriums seien die Proben zur Auswertung bereits an ein DNA-Analyse-Institut geschickt worden, Ergebnisse lägen noch nicht vor. Laut Ministeriumssprecher soll auch geklärt werden, ob es sich um einen heimischen, europäischen Fischotter oder eine asiatische oder amerikanische Art handle.

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Darum fühlen sich die Tiere hier wohl

Für den Hobby-Forscher und stellvertretenden Nabu-Vorsitzenden steht damit fest: „Das ist kein durchreisendes Tier!“ Schließlich finde es hier auch genug Nahrung, weil die Blies seit ihrer Renaturierung einen guten Fischbestand habe. „Man sieht, hier fühlt sich der Otter wohl“, meint Welker. Und noch etwas anderes spreche dafür, dass er hier seinen neuen Lebensraum bezogen habe: Denn das Tier habe ein besonderes, geleeartiges Sekret („Jelly“) hinterlassen. „Das setzt es nur, wenn es ein Revier markiert“, sagt Welker.

Die Vermutung, es könne sich um ein entlaufenes Tier aus einem nahen Wildgehege handeln, dessen Übersichtsplan ein Ottergehege ausweist, hat sich nicht bestätigt. „Das ist absolut ausgeschlossen“, meint Jörg Broszeit vom Naturwildpark Freisen. „Wir haben schon seit mehreren Jahren gar keine Fischotter mehr, seit sie mit etwa 12, 13 Jahren an Altersschwäche gestorben sind!“ Auch der Wildpark-Betreiber ist überzeugt: „Der Otter an der Blies ist einer, der sich neu angesiedelt hat – so, wie es nach Jahren dort auch wieder Biber und Störche gibt!“

„Es handelt sich um einen Franzosen!“

Hardy Welker glaubt nun mehr denn je: „Es handelt sich um einen Franzosen!“ Sprich: einen Fischotter, der aus einer Population aus dem Elsass stammt. „Eine solche Wanderung wäre durchaus möglich für ihn“, meint der Naturschützer. Schließlich habe ein Männchen ein Revier mit 40 Kilometern Flusslänge, ein Weibchen immerhin noch von 15 Kilometern.

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Doch weitere Belege, dass sich das Tier niedergelassen hat, wird es vorerst nicht geben: „Ich hab meine Wildkameras sämtlich aus dem Revier geholt, weil sie nicht mehr erwünscht sind“, schildert Welker. Dazu aufgefordert habe ihn der Jagdpächter – vielleicht auch deshalb, vermutet der 71-Jährige, weil mehrere seiner Filme auch bei Bürgerinitiativen im Netz kursierten.

Tiere streng geschützt

Johannes Schorr, der Geschäftsführer der Vereinigung der Jäger des Saarlandes, verweist auf Anfrage darauf, dass der Fischotter dem Jagdrecht unterstehe und sein Bestand als gefährdet gelte. Parallel unterstehe er dem Naturschutzrecht mit der Einstufung „streng geschützt“. Somit gelte für ihn Paragraf 19a Bundesjagdgesetz, „wonach es verboten ist, entsprechendes Wild ‚unbefugt an seinen Zuflucht-, Nist-, Brut- oder Wohnstätten durch Aufsuchen, Fotografieren, Filmen oder ähnliche Handlungen zu stören‘.“

Weitere Schutzmaßnahmen

Doch ganz gleich, zu welchen Ergebnissen die Kotproben kommen werden, für Winfried Anslinger ist klar: „Jetzt, wo wir definitiv wissen, dass es hier einen Fischotter gibt, können wir gezielt Schutzmaßnahmen ergreifen und etwas unternehmen, um hier eine dauerhafte Population zu entwickeln.“ Dazu zähle unter anderem, dass der Bach noch sauberer, Einleitungen verhindert und die Biosphärenregion erweitert werde.

Zudem ist den Naturschützer:innen die geplante Umgehungsstraße B423n ein Dorn im Auge. Auf die Frage, ob der Nachweis eines Fischotters an den Plänen etwas ändere, teilte der Sprecher des Umweltministeriums mit: „Entscheidend für die Frage der Realisierbarkeit wird nicht die Existenz einer einzelnen Tierart, sondern die Gesamtsumme der wertgebenden Tierarten sein, und ob es gelingt, wirksame Maßnahmen zu deren aller Schutz zu konzipieren.“

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur
– eigener Bericht