Streit der Saar-Grünen geht in nächste Runde: Zahlreiche Vorwürfe stehen im Raum

Der Streit der Saar-Grünen um die Landesliste für die Bundestagswahl geht in eine neue Runde. Mehrere Orts- und Kreisverbände haben sich nun ans Parteigericht gewandt - sie fechten die Liste an.
Die Sar-Grünen streiten weiter um die Landesliste. Symbolfoto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Michael Reichel
Die Sar-Grünen streiten weiter um die Landesliste. Symbolfoto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Michael Reichel
Die Sar-Grünen streiten weiter um die Landesliste. Symbolfoto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Michael Reichel
Die Sar-Grünen streiten weiter um die Landesliste. Symbolfoto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Michael Reichel

Streit der Saar-Grünen um Landesliste geht weiter

Im Streit um die umstrittene Landesliste der Saar-Grünen zur Bundestagswahl wollen mehrere Kreis- und Ortsverbände die Aufstellung für ungültig erklären lassen. Zur Anfechtung der Liste haben sie sich an das Landesschiedsgericht gewandet, wie das neu gegründete Grüne Bündnis Saar am heutigen Montag (28. Juni 2021) mitteilte. Unter anderem bei der Wahl des Kandidaten Hubert Ulrich auf Platz eins der Liste sei es zu „erheblichen Verstößen gegen Satzungs- und Wahlrecht gekommen“, hieß es in der Begründung.

Falls das Parteigericht nicht die ganze Liste für ungültig erkläre, solle „hilfsweise“ die Wahl zu Platz eins kassiert werden, hieß es in dem Schreiben der zehn Orts- und zwei Kreisverbände. Sie beantragten zudem, dass die am 20. Juni beim Landesparteitag aufgestellte Liste nicht bei den Wahlbehörden eingereicht werden dürfe.

„Rücksichtsloses Hinwegsetzen über das Frauenstatut“

Das Grüne Bündnis Saar sieht vor allem in der Wahl von Ulrich ein „rücksichtsloses Hinwegsetzen über das Frauenstatut“, das nicht hinnehmbar sei. Ungerade Listenplätze seien Frauen vorbehalten. Auf dem Parteitag war die Kandidatin für den ersten Platz der Liste, Tina Schöpfer, in drei Wahlgängen durchgefallen. Daraufhin beschloss der Parteitag, dass auch ein Mann für den Posten kandidieren könne: Ex-Landeschef Ulrich wurde gewählt.

Er setzte sich dabei in einer Kampfabstimmung gegen die Landesvorsitzende der Grünen Jugend, Jeanne Dillschneider, durch. Dillschneider – so das Bündnis – hätte aber laut Frauenstatut einen Anspruch darauf gehabt, ohne die Gegenkandidatur eines männlichen Mitbewerbers gewählt zu werden.

Weitere Vorwürfe stehen im Raum

Die Antragsteller:innen führen für ihre Anfechtung weitere Gründe an: So sollen auch Mitglieder der Grünen Jugend und der Grünen Senioren mitgestimmt haben, ohne rechtmäßige Delegierte gewesen zu sein. Zudem soll Ulrich die Delegierten beeinflusst haben – dafür gebe es ein Video als Beweis. Damit liege ein „erheblicher Verstoß gegen die Grundsätze der freien und geheimen Wahl vor“.

„Politischer Schaden immens“

Das Grüne Bündnis Saar bezeichnet den „politischen Schaden“, der durch „die skandalösen Umstände der Listenaufstellung“ entstanden sei, für Landesverband, Bundesverband und Bundestagswahlkampf als „immens“. Der Bundesvorstand habe sich „mehrfach von der Listenaufstellung distanziert, eine Unterstützung der Landesliste im Bundestagswahlkampf abgelehnt und unter anderem eine Neuaufstellung der Landesliste empfohlen“.

Der ebenfalls auf dem Landesparteitag neu gewählte Landesvorsitzende Ralph Rouget, die neu gewählte Landes-Vize Irina Gaydukova sowie weitere Vorstandsmitglieder seien zurückgetreten. Weitere Rücktritte von der Landesliste seien nicht auszuschließen.

Rouget hatte zur Begründung seines Rücktritts geschrieben, dass er sich seit seiner Bewerbung „persönlichen Angriffen und Anfeindungen, vor allem aus inneren Kreisen der Partei, ausgesetzt“ sehe. Ihm sei beim Parteitag bewusst geworden, „wie tief die Gräben innerhalb unserer Partei sind“. Dabei habe er das Amt in der Überzeugung angetreten, „dass ich als unabhängiger Kandidat, unbelastet von der Vergangenheit der Partei, eine Chance haben würde, meine Vorstellungen und Ideen zusammen mit einem neuen Team im Landesvorstand umsetzen zu können“.

Parteichef Habeck distanziert sich von „innersaarländischen Problemen“

Grünen-Parteichef Robert Habeck sieht indessen für den Bundesvorstand nur „eine beratende Rolle“. Es gehe darum sicherzustellen, dass die Liste korrekt aufgestellt werde und nicht im Nachhinein kassiert werde, sagte Habeck am Montag in Berlin. „Das ist unsere Aufgabe an der Stelle, die innersaarländischen Probleme sind erst einmal innersaarländische Probleme.“ Der Bundesvorstand müsse mögliche Gesetzesverstöße prüfen.

Habeck betonte, das Landesschiedsgericht sei am Zug. Danach könne in einer weiteren Instanz das Bundesschiedsgericht angerufen werden. Daneben sei es Aufgabe des Bundesvorstands, den Landesverband dabei zu unterstützen, eine „gesetzeskonforme Liste“ einzureichen – was unabhängig etwa vom parteiinternen Frauenstatut zu sehen sei. Man habe dem Landesvorstand geraten, Kontakt zum Landeswahlleiter aufzunehmen.

Eine Beschädigung der Grünen insgesamt durch die Vorgänge im Saarland wollte Habeck nicht erkennen, wenngleich „der Ausgang der Wahl den saarländischen Landesverband dort zurückwirft und in Turbulenzen zurückstößt, die wir hofften, überwunden zu haben“. Habeck betonte: „Insofern kann einen das Ergebnis und die Debatte darum natürlich überhaupt nicht zufriedenstellen. Aber es hat ja erst einmal nichts damit zu tun, wie der Bundesverband arbeitet.“

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur