Totschlag durch falsche Diagnosen: So lief der erste Verhandlungstag gegen saarländischen Arzt

Ein Pathologe aus St. Ingbert steht seit dem heutigen Montag (6. Februar 2023) vor dem Landgericht Saarbrücken. Dort muss sich der Arzt wegen Totschlags und versuchtem Totschlags verantworten. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, in mehreren Fällen falsche Diagnosen mit fatalen Folgen gestellt zu haben:
Ein St. Ingberter Pathologe muss sich vor dem Landgericht Saarbrücken verantworten. Foto: BeckerBredel
Ein St. Ingberter Pathologe muss sich vor dem Landgericht Saarbrücken verantworten. Foto: BeckerBredel

Ein 63-jähriger Pathologe aus St. Ingbert muss sich seit dem heutigen Montag erneut vor dem Landgericht Saarbrücken verantworten. Dem angeklagten Facharzt wird im aktuellen Verfahren vollendeter Totschlag sowie versuchter Totschlag vorgeworfen.

Arzt soll Therapien durch falsche Diagnosen verhindert haben

Konkret soll der Pathologe falsche Diagnosen gestellt haben, die für zwei Männer aus dem Saarland fatale Folgen gehabt haben. Demnach soll der Arzt im Jahr 2019 bei der Begutachtung der Gewebeproben der betroffenen Patienten in beiden Fällen Hautkrebs ausgeschlossen haben, woraufhin diese auf eine medizinische Behandlung verzichteten.

Patient durch Fehldiagnose frühzeitig verstorben

Einer der beiden Patienten (Jahrgang 1952) starb daraufhin ein Jahr später. Eine Obduktion ergab, dass der gesamte Körper des Mannes voller Metastasen war. Laut der Einschätzung eines Gutachters hätten dem Patienten bei richtiger Diagnose und sofortiger Einleitung einer adäquaten Therapie mindestens „mehrere Jahre Lebenszeit mit zufriedenstellender Lebensqualität“ geschenkt werden können. Es hätte eine sehr große Chance bestanden, das Krankheitsgeschehen erheblich zu beeinflussen.

Bei dem anderen Patienten, einem 45-jährigen Mann, konnte die Krebserkrankung durch die vorangegangene Fehldiagnose erst sehr spät erkannt werden. Laut Gutachter habe sich die Gesamtprognose für den Patienten dadurch erheblich verschlechtert. Dies sei laut Angaben der Nebenanklagevertreterin „sehr belastend“ für ihren Mandanten, der bis heute „psychisch sehr angeschlagen“ und nicht arbeitsfähig sei.

Angeklagter Arzt bedauert seine Fehler

Zum Prozessauftakt verlas die Verteidigerin des angeklagten Pathologen eine Erklärung, wonach dieser seine Fehler zutiefst bedauere. In der Stellungnahme hieß es unter anderem: „Er wollte zu keinem Zeitpunkt Menschen schaden, für ihn stand stets im Vordergrund, Menschen zu helfen“.

Angeklagter Pathologe unter anderem alkoholsüchtig

Der angeklagte Pathologe aus St. Ingbert soll nach Angaben einer Psychiaterin über viele Jahre hochgradig abhängig von Alkohol und Psychopharmaka gewesen sein. Die Gutachterin sprach von einer jahrelangen, „teils schweren Abhängigkeit“. Der Arzt sei vor allem durch eine schwere Erkrankung seiner Frau, zu der er eine enge Beziehung habe, emotional sehr belastet.

Angeklagter stellte bereits 2018 einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente

Bereits 2018, also ein Jahr vor den falschen Diagnosen, soll der Angeklagte selbst noch einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente gestellt haben, da er zur Ausübung seines Berufes nicht mehr in der Lage gewesen sei. Trotz dieser Erkenntnis habe er dann aber weiterhin Diagnosen gestellt und laut Ansicht der Staatsanwaltschaft zumindest billigend in Kauf genommen, dass sie unzutreffend seien. Ihm sei bewusst gewesen, dass Tumorerkrankungen unbehandelt zwangsläufig den Tod der betreffenden Patienten nach sich ziehen würden.

Arzt wurde bereits im vergangenen Jahr verurteilt

Der 63-jährige Pathologe aus St. Ingbert wurde bereits im vergangenen Jahr wegen fahrlässiger Tötung, schwerer Körperverletzung sowie in drei Fällen wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Unter Einbeziehung eines vorangegangenen Urteils unter anderem wegen Betrugs und Bestechung lag die Gesamtfreiheitsstrafe bei fünf Jahren und drei Monaten. Die Entscheidung von damals ist allerdings noch nicht rechtskräftig, weil sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung und Nebenklage-Vertreter Revision gegen das Urteil eingelegt hatten. Nun beschäftigt sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall.

So geht der Prozess weiter

Der aktuelle Prozess vor dem Landgericht Saarbrücken geht bereits am Dienstag weiter. Bis zum 15. März 2023 sind insgesamt neun Verhandlungstage angesetzt.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur
– eigene Berichte