Richard Socher: Entwickelt der ehemalige Saar-Student gerade den Google-Killer?

Alle reden über Chat GPT als möglichen Google-Killer. Dabei ist "you.com" seit ein paar Wochen mit KI-Suchmaschine und fertiger Chat-Lösung auf dem Markt. Kopf hinter dem kalifornischen Start-up ist Richard Socher. Er hat in Saarbrücken studiert.
Das Foto zeigt Richard Socher, Gründer und CEO von You.com
Richard Socher ist weltweit einer der gefragtesten KI-Forscher. Er hat unter anderem in Saarbrücken studiert. Foto: picture alliance/dpa | Matthias Balk
Das Foto zeigt Richard Socher, Gründer und CEO von You.com
Richard Socher ist weltweit einer der gefragtesten KI-Forscher. Er hat unter anderem in Saarbrücken studiert. Foto: picture alliance/dpa | Matthias Balk

Er gilt als einer der besten KI-Wissenschaftler

Löst ein ehemaliger Saar-Student gerade die KI-Revolution aus? Richard Socher gilt als einer der besten KI-Wissenschaftler – weltweit. Der 39-Jährige beschäftigt sich mit sogenannten Large Language Models. Das ist die Art von Künstlicher Intelligenz, die riesige Sprach-Datensätze verarbeitet. Auf dieser Technologie basiert auch die aktuelle Hype-Lösung Chat GPT. Socher gilt auf dem Gebiet als einer der bedeutendsten Forscher.

Master-Abschluss an der Saar-Uni

Den Grundstein für seine Weltkarriere hat Richard Socher unter anderem in Saarbrücken gelegt. Der heute 39-jährige, der mit seinen roten Wuschelhaaren schon mal als „Nerd-Version von Ed Sheeran“ beschrieben wird, hat hier an der Saarbrücker Uni sein Master-Studium abgeschlossen. Zwei Jahre forschte Socher auf dem Saarbrücker Campus. 2008 hatte er dann den Master-Abschluss im Fach Computerlinguistik in der Tasche. Von der saarländischen Landeshauptstadt ging es weiter an die amerikanischen Elite-Universitäten, zunächst nach Princeton, dann nach Stanford, wo er 2016 promovierte.

„Gute deutsche Grundausbildung“

„Ich habe meine Schulausbildung in Deutschland genossen und in Leipzig und Saarbrücken studiert. Dafür bin ich immer noch sehr dankbar für die gute deutsche Grundausbildung„, sagte Richard Socher der „Welt“.

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Nach dem Abschluss in Saarbrücken ging es für ihn Schlag auf Schlag: Erst gründete er in den USA das KI-Start-up Metamind, das von Salesforce für 33 Millionen US-Dollar gekauft wurde. Er blieb zunächst als Chef-Wissenschaftler bei dem SAP-Konkurrenten. 2020 stieg er bei dem US-Konzern aus und gründete You.com im kalifornischen Palo Alto.

Im Gegensatz zu den Tech-Konzernen Microsoft und der Google-Mutter Alphabet ist das Start-up des ehemaligen Saar-Studenten mit einer fertig-nutzbaren Lösung auf dem Markt: Offen für alle User, mit Zugriff auf aktuellstes Wissen. Chat GPT greift derzeit nur auf Daten bis ins Jahr 2021 zurück, Bing zeigt seine Lösung nur wenigen, eingeladenen Usern. Google ist noch gar nicht am Start. Dort arbeitet man hektisch an der Gegenlösung namens „Bard“.

Richard Sochers KI-Lösung ist weiter als Google und Microsoft

You.com hat die Probleme schon gelöst, an denen die Teams von Microsoft und Google weiter arbeiten – den KI-Chat in eine funktionierende, gut bedienbare Suchlösung einzubauen. Nutzer:innen können ihre Fragen in normaler, natürlicher Sprache eintippen. Bei den Suchergebnissen können sie sich mit einem Klick entscheiden: Entweder liefert You.com eine Trefferliste, wie man sie von Google kennt, ergänzt um eine kurze, zusammenfassende Antwort, welche die KI liefert. Oder man klickt auf „Chat“. In diesem Fall liefert die KI die zusammengefasste Antwort. Diese lässt sich im weiteren Dialog mit der Maschine noch präzisieren. Außerdem gibt es You.com als Apps für Android-Handys und iPhones. Mit ein, zwei Klicks lässt sich sogar die Google-Suche auf dem Homescreen von Android-Smartphones ersetzen.

Was Chat GPT und Microsoft noch nicht können: You.com nennt auch die Quellen, auf die sich die Künstliche Intelligenz bei ihrer Antwort gestützt hat.

Über weitere Menüpunkte kann die Künstliche Intelligenz des ehemaligen Saar-Studenten aber noch viel mehr: „YouCode“ ist ein spezieller Suchfilter für Entwickler:innen. „YouWrite“ schreibt KI-basierte Texte. Und „YouImagine“ kreiert Fotos oder Kunstwerke, die man zuvor per Text beschrieben hat. Es ist außerdem möglich, Fotos, die eine geringe Auflösung haben, per KI-Technologie so hochzurechnen, dass man sie zum Beispiel drucken kann. Alles Anwendungen, an denen Open AI (Chat GPT), Google und Microsoft gerade mit Hochdruck arbeiten. Großer Unterschied: Richard Socher und seinem Team ist es schon jetzt gelungen, all diese Anwendungen in einem Produkt zusammenzufassen, das für alle Nutzer:innen frei anwendbar ist.

You.com will Privatsphäre seiner User:innen achten

Die Antworten, die You.com liefert, sind auf dem Niveau von Chat GPT, das seit Wochen seinen weltweiten Hype erlebt. Das begeistert auch die Nutzer:innen. Auf Twitter schrieb ein User: „Nach Jahrzehnten habe ich endlich aufgehört, Google zu benutzen, an dem Tag, an dem ich You (dich) traf.“ Er meint damit You.com. Dort kommen schon jetzt mehrere Millionen Anfragen pro Tag zusammen, schrieb Socher kürzlich in seinem Twitter-Account. Dazu verspricht sein Start-up, die Privatsphäre seiner Nutzer:innen zu achten.

Wenn der ehemalige Absolvent der Saar-Uni nicht gerade Google und Microsoft Dampf macht, geht er gerne in die Luft – und das sieht ziemlich spektakulär aus: Mit motorunterstütztem Gleitschirm fliegt er über atemberaubende Landschaften – oder auch mal über antike Pyramiden.

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Auf seine Studienzeit in Saarbrücken blickt Richard Socher gerne zurück. Ob er aber auch hier, in Deutschland, so weit gekommen wäre? Im Interview mit der „Welt“ kam er zu einem anderen Urteil: „Deutschland hat sehr viele und sehr gute Universitäten. Aber keine, die es unter die zehn besten schaffen, wo auch die Top-Studenten aus der ganzen Welt hinwollen. Allein schon eine Leuchtturm-Uni würde Deutschland helfen, sich als Standort zu verbessern.“ Auch fehlten in Deutschland risikofreudige Investoren. Für seine KI-Idee sammelte Socher in den USA 45 Millionen Dollar als Finanzierung ein, schreibt „Gründerszene“.

Studie: KI urteilt gerechter als müde, hungrige Richter

Apropos Risiko: Während der Boom von Chat GPT die Diskussion über negative Folgen der KI entfacht, ist Richard Socher vom Nutzen überzeugt. Künstliche Intelligenz könne zum Beispiel helfen, fairere Urteile zu treffen, meint er. Dem „Handelsblatt“ beschrieb er folgendes Beispiel: Eine Studie an der Columbia University habe 2011 herausgefunden, dass Richter morgens milder als nachmittags urteilen, wenn sie hungrig und müde seien. Das Wissenschafts-Journal „Nature“ hat die Ergebnisse der Studie zusammengefasst. Einer Maschine passiere so etwas nicht. Socher weiter: „Es ist sehr viel einfacher, einen Algorithmus zu verbessern, als tausend hungrigen, müden Richtern ihre eigenen Fehler vor Augen zu führen.“ Sollte ihm die KI-Revolution gegen Google und Microsoft gelingen – ein Stück Saarland wird immer Teil seiner Erfolgsstory bleiben.

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Die KI-Plattform:
you.com

Verwendete Quellen:
– eigene Recherche
– Interview in der „Welt“
– Handelsblatt
– Gründerszene
– Nature

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