Zeugin im Yeboah-Prozess belastet Angeklagten schwer – Geständnis beim Grillfest?

Mehr als 30 Jahre ist der tödliche Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Saarlouis her. Erst die Anzeige einer Zeugin 2019 führt zu dem Mordprozess. Mit ihrer Aussage belastet sie den Angeklagten schwer. Bei einem Grillfest soll er die extremistische Tat gestanden haben.
Hier zu sehen: der Angeklagte (rechts) wird in den Gerichtssaal des Oberlandesgerichts geführt. Foto: dpa/Thomas Frey
Hier zu sehen: der Angeklagte (rechts) wird in den Gerichtssaal des Oberlandesgerichts geführt. Foto: dpa/Thomas Frey

Mordprozess um Brand in Asylbewerberunterkunft in Saarlouis: Geständnis beim Grillfest?

Die Hauptzeugin sagt mit fester Stimme aus, der Angeklagte fixiert sie mit seinem Blick. Die Zeugin belastet ihn im Prozess um einen tödlichen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim 1991 in Saarlouis schwer. Der 51-Jährige habe ihr 2007 bei einem Grillfest mit Blick auf diese Straftat gesagt: „Das war ich und sie haben mich nie erwischt.“ Der Angeklagte mit dem Spitznamen „Schlappi“ sei „definitiv“ nicht betrunken gewesen, ergänzt die gleichaltrige Zeugin am Dienstag (31. Januar 2023) vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz. Sie selbst habe bei dem Fest gar keinen Alkohol getrunken.

Sie habe seinerzeit noch nicht gewusst, dass es bei dem Anschlag 1991 auch ein Todesopfer gegeben habe. Erst 2019 habe sie im Internet gelesen, „dass da jemand verbrannt ist“ – Samuel Yeboah, ein 27-jähriger Asylbewerber aus Ghana. Daraufhin habe sie Anzeige erstattet – wenngleich ihre Eltern ihr aus Angst vor Anfeindungen davon abgeraten hätten. Der Vorsitzende Richter Konrad Leitges sagt: „Wenn Sie es nicht gemacht hätten, dann säßen wir heute nicht hier.“

Keine Fingerabdrücke und DNA-Spuren

Die Zeugin mit mittellangen braunen Haaren, eine Heilerziehungspflegerin, wird über etliche Stunden und detailreich vom Staatsschutzsenat befragt. Die Verteidigung beanstandet zweimal vermeintliche Widersprüche der 51-Jährigen – die Richter weisen beide Anträge als unbegründet zurück. Ein Anwalt eines einst überlebenden Bewohners des Asylheims, der als Nebenkläger auftritt, hat der Verteidigung zuvor „Einschüchterung“ der Zeugin vorgehalten. Ihrer Aussage kommt besonderes Gewicht zu, da es unter anderem keine Fingerabdrücke und DNA-Spuren in dem Verfahren gibt.

Angeklagter weist Vorwürfe zurück

Der dunkel gekleidete Angeklagte, der in Handschellen in den Gerichtssaal gekommen ist, weist die Tatvorwürfe am Dienstag erneut zurück. Bei dem Grillfest habe ein anderer Gast ihm gesagt, er wisse doch, wer 1991 den Brandanschlag gemacht habe, dann könne er sich auch die einst ausgelobte Belohnung (20.000 Mark) für Täterhinweise holen. Der 51-jährige Deutsche fährt fort, er habe damals gesagt: „Ich war’s net.“ Dieses in saarländischer Mundart gesprochene „net“ habe die Zeugin vielleicht überhört. Er habe ihr nichts gestanden.

Ermittlungen im Fall Yeboah: Staatsanwaltschaft überprüfte weiteren Anschlag in Saarlouis

Als Leitges den Angeklagten aus einer früheren Vernehmung zitiert, wonach die Zeugin sein Leben zerstört habe, bekräftigt der 51-Jährige dies: „natürlich“! Auf die Frage des Vorsitzenden Richters, ob die Frau „dick, dünn, hässlich, ansehnlich“ gewesen sei, antwortet der Angeklagte, er würde sie nicht mehr wiedererkennen, er habe sie nur zweimal in seinem Leben gesehen. Schon vor dem Grillfest 2007 habe er sich von der rechtsextremen Szene zurückgezogen.

Die Zeugin hat ihn nach eigenen Worten als „unscheinbar“ ohne aggressives Auftreten und ohne extremistische Äußerungen in Erinnerung. Es sei ihr zunächst abwegig erschienen, warum er einer ihm fremden Frau ein echtes Geständnis machen sollte. Vielleicht habe er gedacht, „er kann bei mir was reißen“ – sie wisse es nicht.

Das sind die Vorwürfe

Der Vater steht seit November 2022 wegen Mordes in einem Fall sowie versuchten Mordes in 20 Fällen vor dem OLG Koblenz. Bei dem nächtlichen Brandanschlag vor mehr als 30 Jahren brachen sich auch zwei Hausbewohner Knochen beim Sprung aus einem Fenster. 18 weitere Menschen konnten sich damals unverletzt ins Freie retten. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, das Feuer aus rassistischer Gesinnung gelegt zu haben. Laut seinem Verteidiger gibt es Anhaltspunkte, die auf andere Menschen als Täter hindeuteten.

Saar-Polizei entschuldigte sich für Defizite ihrer Arbeit

Die ursprünglichen Ermittlungen hatte die saarländische Polizei schon vor rund 30 Jahren eingestelltund sich später für Defizite ihrer Arbeit entschuldigt. 2020 nahm die Bundesanwaltschaft den Fall nach der späten Aussage der Hauptzeugin neu unter die Lupe. Erst dies führte zur Anklage – Mord verjährt nicht.

Verwendete Quellen:
– eigene Berichte
– Deutsche Presse-Agentur