„Keine sexuellen Übergriffe“: Gutachten zu Missbrauchsfällen an Uni-Klinik Homburg vorgelegt

Laut eines Gutachtens konnten in der Ambulanz der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Homburg keine sexuellen Übergriffe durch den verstorbenen Assistenzarzt festgestellt werden.
Ein Assistenzarzt steht im Verdacht, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Kinder sexuell missbraucht zu haben. Foto: BeckerBredel
Ein Assistenzarzt steht im Verdacht, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Kinder sexuell missbraucht zu haben. Foto: BeckerBredel
Ein Assistenzarzt steht im Verdacht, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Kinder sexuell missbraucht zu haben. Foto: BeckerBredel
Ein Assistenzarzt steht im Verdacht, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Kinder sexuell missbraucht zu haben. Foto: BeckerBredel

Nachdem in den vergangenen Monaten Vorwürfe von Kindesmissbrauch an der Uniklinik laut geworden waren, wurde ein Gutachten bei Professorin Renate Schepker in Auftrag gegeben.

Vorgehen entsprach überwiegend den Vorschriften

Sie untersuchte laut Klinikum Ambulanzakten von 34 Patienten, die in den Jahren 2010 und 2014 durch den wahrscheinlich pädophilen Assistenzarzt behandelt wurden. Die vorgenommenen Untersuchungen und Behandlungsschritte in der Ausscheidungsambulanz wurden dazu mit Leitlinien und Literatur abgeglichen. Dabei kam Schepker zu dem Ergebnis, dass das Vorgehen des Arztes überwiegend den Vorschriften entsprach.

Gehäuft unbegründete Untersuchungen bei sechs Patienten

Bei einem strengen Begutachtungsmaßstab seien in 13 Prozent der Fälle Maßnahmen – wie etwa Ultraschall oder wiederholte Untersuchungen der Genitalien – nicht medizinisch begründet gewesen. Bei sechs Patienten kamen nicht begründete Untersuchungen gehäuft vor. Etwa sei eine Enddarmuntersuchung, die insgesamt eher selten durchgeführt wurden, ohne Grund erfolgt. Zwei Kinder seien weitgehend nackt fotografiert worden, jedoch aus bestehendem medizinischem Grund.

Assistenzarzt führte Einläufe persönlich durch

Bei sieben Patienten habe der Assistenzarzt Vorhautverklebungen gelöst und therapiert, obwohl keine sofortige Behandlung nötig war. Genitalhygiene dürfe laut Gutachterin in einer solchen Spezialambulanz allerdings nicht ausgeklammert werden. Zudem verabreichte der Assistenzarzt persönlich Einläufe, die er in den meisten Fällen auch dem Pflegepersonal hätte überlassen können.

Keine Übergriffe, die über Untersuchungen hinausgingen

Laut der Gutachterin ließen sich laut Aktenlage jedoch keine sexuellen Übergriffe in der Ambulanz feststellen, „die über die Durchführung medizinisch nicht indizierter Untersuchungen bzw. Behandlungen hinausgingen“. Jedoch wertet die Gutachterin die Werbung von Patienten für den Judoverein als Verletzung der Abstinenzpflicht. Er habe zudem dokumentiert, dass einige Kinder sehr gerne zu ihm kamen und auch Geschenke für gute Mitarbeit verteilt.

Akten liefern teilweise nur ungenaue Dokumentation

Schepker merkt zudem an, dass Akten zu Vorgehensweisen bei den einzelnen Untersuchungen naturgemäß keine Aufschlüsse liefern können. Der Assistenzarzt hatte drei Monate lang die Anwesenheit Dritter bei den Behandlungen dokumentiert. Danach konnte nur noch bei zwei von drei Untersuchungen verzeichnet werden, dass er nicht mit den Kindern alleine war. Jedoch seien auch weniger Behandlungen durchgeführt worden. Diese wurden wiederum auch weniger genau dokumentiert.

Die Verdachtsfälle im OP-Bereich der HNO-Klinik stehen in keinem Zusammenhang zu den Vorwürfen in der „Ausscheidungsambulanz“.

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Verwendete Quellen:
– Pressemitteilung der Uniklinik Homburg, 02.12.19