„Sicherheit beginnt für mich mit Sauberkeit“: Interview mit OB-Kandidat Uwe Conradt (CDU)

Für die CDU tritt Uwe Conradt zur Oberbürgermeisterwahl von Saarbrücken an. Der Familienvater ist Leiter der Landesmedienanstalt. Saarbrücken soll mit ihm vor allem sauberer werden. Denn mit Sauberkeit fange nicht nur die Aufwertung, sondern auch die Stärkung der Sicherheit in der Stadt an. Für das Interview hat sich der 42-Jährige daher natürlich eine eher ordentliche Ecke von Saarbrücken ausgesucht: das Kulturcafé am St. Johanner Markt.
Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt. Archivfoto: Tobias Ebelshäuser/SOL.DE
Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt. Archivfoto: Tobias Ebelshäuser/SOL.DE
Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt. Archivfoto: Tobias Ebelshäuser/SOL.DE
Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt. Archivfoto: Tobias Ebelshäuser/SOL.DE

SOL.DE: Herr Conradt, Sie haben sich als Lieblingsort in Saarbrücken den St. Johanner Markt ausgesucht. Warum?

Uwe Conradt: Der St. Johanner Markt ist das gemeinsame Wohnzimmer unserer Stadt. Die Saarbrücker und auch Leute von außerhalb kommen sehr gerne hier her – meine Familie und ich genauso.

In Saarbrücken gibt es auch Orte, die nicht so beliebt sind wie der St. Johanner Markt. Wo muss sich Ihrer Meinung nach am dringendsten etwas tun?

Wir sollten uns bewusst werden, dass Saarbrücken insgesamt eine sehr schöne Stadt ist. Wir sind die größte Stadt in der Region und haben eine wichtige Funktion für das Saarland. Diese Verantwortung muss man sich immer wieder vor Augen führen. Gleichzeitig sind wir an einigen Stellen schwächer geworden. Es tut weh, wenn Luxemburg und Trier oder Metz uns überholen und sich in den letzten Jahren besser entwickelt haben. Ich meine zum Beispiel die Themen Tourismus und Sauberkeit. Es gibt auch ganze Stadtteile, die sich nicht wahrgenommen fühlen, in denen der Eindruck herrscht „hier passiert nix“.

Welche Pläne haben Sie für die Stadtteile wie Dudweiler oder Burbach, in denen sich Bürger teilweise abgehängt fühlen?

In „Zukunftswerkstätten“ habe ich mit den Bürgern direkt an Konzepten für die Stadtteile gearbeitet. Dudweiler fühlt sich als 5. Rad am Wagen. In Burbach sagten die Leute: „Wir wollen nochmal stolz sein auf unseren Stadtteil.“ In beiden Stadtteilen gibt es Leerstände, gibt es Straßenzüge, die dringend aufgewertet werden müssen. Die Leute wünschen sich mehr Ordnung und Sauberkeit. Man muss sich darum kümmern, damit auch die Lebensqualität steigt.

Malstatt geht es ähnlich.

Selbst Malstatt fühlt sich aus dem Rathaus oft nicht gesehen. Die sozialen Herausforderungen sind hier wie in Burbach beträchtlich, dabei gibt es auch Ansätze für bislang ungenutzte Perspektiven. In der Nähe von Malstatt ist beispielsweise die HTW angesiedelt. Hier gibt es aber kein studentisches Wohnheim und kein richtiges Studentenleben. Warum eigentlich nicht? Die Chancen sind da, man könnte in Malstatt neues Leben entfachen, neue Perspektiven entwickeln.

Lassen Sie uns über das Thema Sicherheit sprechen. Viele meiden die Stadt, besonders in den Abendstunden.

Bei vielen Geschäftstreibenden gibt es den Eindruck, dass gerade abends deutlich weniger Menschen einkaufen gehen und sich die Stadt früher leert. Senioren berichten mir, dass sie manche Straßen in den Abendstunden meiden. Wir müssen das wahrnehmen. Die Kriminalitätsstatistik ist schon schlecht genug. Wir müssen auch das Sicherheitsgefühl stärken.

Wie geht das konkret?

Sicherheit beginnt für mich mit Sauberkeit. Graffitis, Aufkleber, Kaugummi auf dem Boden: In manchen Teilen ist es unaufgeräumt, das verschlechtert die Atmosphäre. Dann gibt es Bereiche in Saarbrücken, die sind abends sehr dunkel, zum Beispiel die Johanneskirche oder der Bürgerpark. Man muss auch auf Videoüberwachung und einen verstärkten kommunalen Ordnungsdienst setzen. Das will ich als Oberbürgermeister tun – vor allem auch abends und am Wochenende.

Sie sprechen explizit das Thema Sauberkeit an. Führen denn Schmutz und Unordnung zu mehr Kriminalität?

Eine Theorie besagt, dass wenn in einer Straße ein Fenster für längere Zeit kaputt ist und nicht repariert wird, auf Dauer weitere Fenster kaputt gemacht werden. Ich glaube, die Theorie stimmt. Saarbrücken hat ein ähnliches Problem. Es gibt Bereiche, da liegt viel Müll rum und da kommt dann mehr Müll dazu. In manchen Bereichen wurde erst ein Graffiti gesprüht, dann wurden es mehr. Ein solches Gesamtbild führt dazu, dass manche den Eindruck bekommen: Hier gilt kein Recht. Das wiederum führt dazu, dass sich Menschen unsicher fühlen. Auch wenn das nur ein Gefühl ist: Weniger Menschen kommen dadurch in die Stadt.

Anderes Thema. Viele Menschen sind unzufrieden mit der Verkehrsführung in Saarbrücken. Was für Maßnahmen streben Sie im Falle eines Wahlgewinns an?

Wir dürfen das Auto nicht verteufeln, es bleibt auch in Zukunft ein wichtiger Verkehrsträger. Gleichzeitig brauchen wir Mobilität mit System. Züge, Busse und Saarbahn sind zu Stoßzeiten ausgelastet. Gleichzeitig sind sie nicht miteinander vernetzt; an den großen Stationen gibt es außerdem keine Verleihsysteme für Fahrräder. Wir müssen den ÖPNV auf Großstadt-Niveau bringen. Ein durchgehendes, sicheres Netz an Fahrradwegen fehlt auch. Hier sehe ich besonders viel Potenzial.

Was ich mir vorstelle: einen Teil der Saarbahn-Verbindung kostenlos machen. Zwischen der Westspange und der Ostspange sollte die Saarbahn kostenfrei sein. So könnte man außerhalb der Stadt parken und den kostenlosen ÖPNV nutzen, um in die Innenstadt zu kommen. Das sollte sich finanzieren, weil ich glaube, dass es Leute anspricht, die ohnehin aktuell die Saarbahn nicht nutzen.

Die vergleichsweise hohen Parkgebühren sind für viele von außerhalb auch ein großes Problem.

Die Parkgebühren sind hier höher als zum Beispiel in Luxemburg. Das ist erstaunlich, da es dort einen höheren Parkdruck gibt und das generelle Preisniveau höher liegt. Parken in Saarbrücken ist also nicht nur teuer, sondern überteuert. Wir sollten neue Verhandlungen mit Q-Park führen. Gibt es da keinen Abschluss, müssen wir eine Konkurrenzsituation schaffen. Im Übrigen sind unsere Parkhäuser nicht nur teuer. Es ist eine Schande, wie sie aussehen und gepflegt werden. Q-Park ist aus meiner Sicht kein guter Mieter. Es wäre für die Stadt ein Gewinn, wenn es diesen Pächter hier nicht mehr gäbe.

Wie hält man junge Saarbrücker in der Stadt?

Neben der Arbeitslosigkeit und der Verschuldung ist tatsächlich der Einwohnerschwund Saarbrückens erwähnenswert. Wir hatten 1974 noch 209.000 Einwohner, heute sind es unter 185.000. Wir sind außerdem sehr viel älter als andere Großstädte. Wir müssen also die jungen Leute halten. Brauchen mehr Wohnraum. Außerdem müssen wir denen, die von außerhalb kommen – zum Beispiel Studenten – Angebote machen. Wir brauchen mehr Kinderkrippen, mehr Kindergärten und besser ausgestattete Schulen. Ein Hauptpunkt: Wir brauchen mehr Beschäftigung. In den letzten zehn Jahren gab es entgegen dem Bundestrend eine steigende Arbeitslosigkeit. Wir müssen Gründer fördern und bestehende Firmen dazu bewegen, neue Dinge zu wagen. Wir dürfen nicht wie früher wortlos akzeptieren, dass große Unternehmen wegziehen, wie Hager, Peugeot oder Lakal, sondern daraus Schlüsse ziehen unseren Standort attraktiver zu machen.

Die Stadt ist hoch verschuldet, gleichzeitig wollen Sie auf Wachstum setzen. Wie passt das zusammen?

Die Stadt ist zu langsam und holt sich Geld, das ihr zusteht, nicht wieder zurück. Es gibt zum Beispiel Förderprogramme des Bundes, an denen Saarbrücken überhaupt nicht teilnimmt. Wir brauchen neue Motivation für die Mitarbeiter, eine bessere Organisation und ein Bewusstsein, dafür, dass sich die Welt um uns verändert und wir daran teilnehmen müssen, um erfolgreich zu sein.

An Saarbrücken mag ich…

die Menschen, unsere Feste und Traditionen und unsere historischen Bauten wie die alte Brücke.

An Saarbrücken mag ich nicht…

den Lärm der Stadtautobahn, die hohen Parkgebühren und Kritzeleien an den Wänden.

Was ist Uwe Conradt privat für ein Mensch?

Der Familienvater, der mit den Kindern frühstückt und sich freut, mit der Familie das Wochenende verbringen zu dürfen. Jemand, der gerne mit dem Fahrrad unterwegs ist und mit seinen Freunden auch mal ein Bier trinkt. Und jemand, der hier zu Hause ist und sich um diese Stadt kümmert und engagiert.

Mit Oberbürgermeister Uwe Conradt wird Saarbrücken…

wieder Saarbrücken sein: Die Stadt, die das Zentrum der Großregion ist – mit ihren Menschen, die zu Recht stolz auf Saarbrücken sind und die wissen, dass hier wieder Zukunft geschrieben wird.

Die bisherigen Interviews mit den OB-Kandidaten:

„Ich bin ein echter Saarbrücker Bub“: Interview mit OB-Kandidat Gerald Kallenborn
„Dudweiler ist mittlerweile regelrecht abgehängt“: Interview mit OB-Kandidat Markus Lein
„Helmpflicht nach Einbruch der Dunkelheit“: Interview mit OB-Kandidat Michael Franke (Die Partei)
„Den Radverkehr mehr als den Autoverkehr stärken“: Interview mit OB-Kandidatin Barbara Meyer-Gluche (Die Grünen)

Weiter geht es am Freitag mit Laleh Hadjimohamadvali von der AfD.