Kusel-Morde: Was wir bislang wissen und was nicht

Eine Woche liegen die Polizistenmorde von Kusel zurück. Was wissen wir bislang über die mutmaßlichen Täter, was zum Tathergang? Welche Fragen sind noch offen? Ein Überblick.
Die Polizistenmorde von Kusel sind eine Woche her. Foto: dpa-Bildfunk
Die Polizistenmorde von Kusel sind eine Woche her. Foto: dpa-Bildfunk

Die Ermordung einer Polizistin und eines Polizisten im Landkreis Kusel/Rheinland-Pfalz Ende Januar löst bundesweit Entsetzen aus. Schnell nehmen die Ermittler:innen zwei Verdächtige fest. Der Vorwurf: Andreas S. und Florian V. sollen Yasmin B. und Alexander K. getötet haben, um Wilderei zu verdecken. Nach und nach werden immer neue Details zu Tat bekannt. Trotzdem gibt es eine Woche nach dem Polizistenmord noch offene Fragen.

Was wir wissen

Die Tat

Am frühen Morgen des 31. Januar 2022 fahren Oberkommissar Alexander K. (29) aus Freisen und Polizeistudentin Yasmin B. (24) aus Homburg in einem Zivilfahrzeug Streife. Auf der Kreisstraße 22 zwischen Mayweilerhof und Ulmet im Kreis Kusel sehen sie, so rekonstruieren es die Ermittler:innen, am Straßenrand einen weißen „Renault“-Kastenwagen. Dessen Ladefläche muss mit vielen toten Tierkörpern beladen gewesen sein. Das können die Polizist:innen wohl durch die geöffneten Hecktüren sehen, berichtet der „Spiegel“. Die beiden entschließen sich, das Fahrzeug zu überprüfen und melden die Kontrolle über Funk.

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Yasmin B. lässt sich von Andreas S. den Führerschein und den Personalausweis zeigen. Dann fällt ein Schuss, der die junge Frau am Kopf trifft. Ihr Kollege Alexander K. funkt: „Kommt schnell, die schießen!“ Er feuert sein ganzes Magazin leer, insgesamt 14 Schuss. Doch K. wird von vier Schüssen getroffen. Einer erwischt ihn am Kopf. Yasmin B. stirbt sofort, Alexander K. kurze Zeit später.

Die Flucht

Neben Andreas S. ist auch Florian V. vor Ort. Die beiden versuchen offenbar noch, die Papiere von S. in der Dunkelheit zu finden – womöglich mit der Taschenlampe von Alexander K, so „SZ“. Doch die Suche bleibt erfolglos, S. und V. flüchten. Mit dem „Renault“ haben sie ein paar Kilometer später eine Panne, berichtet der „Spiegel“ aus Ermittlerkreisen. S. kontaktiert einen Bekannten, der den Kastenwagen abschleppt. Die beiden werden nach Sulzbach/Saar gebracht, wo sie offenbar das geschossene Wild zerlegen.

Mit dem Transporter sollen die beiden Verdächtigen vom Tatort geflüchtet sein. Foto: BeckerBredel

Die Suche

Polizist:innen aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland fahnden nach der Tat fieberhaft nach den Verdächtigen. Ermittler:innen entdecken die Papiere von S. auf der Straße liegend – sie haben nun einen Tatverdächtigen. Auch die Bevölkerung wird in die Suche einbezogen. Die Polizei veröffentlicht ein Foto von Andreas S. und bittet über Medien um Hinweise zu seinem Aufenthaltsort. Gegen 17.00 Uhr nehmen Spezialkräfte S. in Sulzbach fest, kurz darauf auch Florian V. Die Verdächtigen leisten dabei keinen Widerstand.

Die Tat geschah auf einer ruhigen Landstraße. Foto: Florian Blaes/Newstr

Die Verdächtigen

Andreas S. jagt seit Jahren Wild. Ein Kollege sagt zum „Focus“, S. sei „richtig versessen“ gewesen, ein „Spitzen-Schütze“. Der 38-Jährige betreibt einen Wildhandel in Neunkirchen/Saar. Damit lässt sich viel Geld verdienen: Laut mutmaßlichen Verkaufsunterlagen hat S. zwischen September und Anfang Januar 40.000 Euro mit seinen Geschäften eingenommen. Der Verdächtige scheint ein Schattenleben geführt zu haben: Möglicherweise war er schon längere Zeit als Wilderer unterwegs, das legt die Aussage eines anderen Jägerkollegen nahe. In der Vergangenheit wurde gegen S. wegen Insolvenzdelikten und versuchten Betrugs ermittelt.

S. schweigt bislang zu den Vorwürfen. Foto: Saarnews

Florian V. ist auch schon mit dem Gesetz in Berührung gekommen. Er wurde wegen Betrugsdelikten dreimal verurteilt, zuletzt im Januar. Der 32-Jährige lebte in einer Unterkunft für Sozialhilfeempfänger:innen in Sulzbach und soll drogenabhängig gewesen sein. Bekannte beschreiben ihn als „kaputte Existenz“.

Die Opfer

Yasmin B. stammte aus Homburg. Der Dienst in der Tatnacht war erst der zweite Einsatz, den sie während ihres Praktikums bei der Polizeiinspektion im Landkreis Kusel machte. Die Studentin der Polizeihochschule sei eine „fast fertige Polizistin“ gewesen, hatte schon einige Trainings absolviert, hieß es in einer Pressekonferenz.

Alexander K. war bereits Oberkommissar. In seiner Freizeit spielte er Fußball beim FC Freisen. Sein Verein postet auf Facebook eine bewegende Nachricht.

Das Entsetzen nach dem Mord an den beiden Polizisten ist groß. Foto: Florian Blaes/Newstr

Das mögliche Motiv

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Alexander K. und Yasmin B. die beiden Verdächtigen beim Wildern erwischten. S. und V. sollen die Polizist:innen getötet haben, um einer Strafe wegen des illegalen Jagens zu entgehen. In dem Kastenwagen finden die Ermittler:innen 22 tote Tiere.

Was wir nicht wissen

Die Schüsse

Laut Staatsanwaltschaft sollen Andreas S. und Florian V. beide für den Tod der Polizist:innen verantwortlich sein, denn es ist mit einer Schrotflinte und einem Jagdwehr geschossen worden. V. bestreitet jedoch, gefeuert zu haben. Er habe niemals in seinem Leben eine scharfe Waffe benutzt. Er räumte in seiner Vernehmung zwar ein, in der Tatnacht vor Ort gewesen zu sein. Der 32-Jährige will aber nur beim Verladen des Wildes geholfen haben. Geschossen habe aber nur Andreas S. Der schweigt bislang zu den Vorwürfen.

Spezialkräfte bei der Festnahme in Sulzbach. Foto: Florian Blaes/Newstr

Die Waffen

Bei Andreas S. findet die Polizei ein Waffenarsenal. Aus Sicherheitskreisen heißt es, es seien fünf Kurzwaffen, ein Repetiergewehr, zwölf weitere Langwaffen, eine Armbrust, ein Schalldämpfer und Munition entdeckt worden, berichtet die „dpa“. Er durfte nach Angaben der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern keine Waffen besitzen und hatte zuletzt auch keinen Jagdschein. Der Deutsche Jagdverband hatte zuvor berichtet, dass S. 2020 wegen fehlender Zuverlässigkeit ein Jagdschein verweigert worden war. Er soll mehrmals seinen Wohnsitz gewechselt haben – möglicherweise, um die Behörden zu verwirren. Durch Umzüge im Saarland (zuletzt war er in Homburg gemeldet) wurde seine Akte an immer andere Waffenbehörden weitergegeben. Niemand habe einen wirklichen Überblick gehabt, so ein Landratsmitarbeiter zum „Spiegel“. Nun wird ermittelt, warum der Mann im Besitz so vieler Waffen war und wo sie herstammen. Alle bisherigen Artikel zu den Polizistenmorden hier.

Verwendete Quellen:
– eigene Berichte
– Deutsche Presse-Agentur
– Newstr
– Spiegel
– Focus
– Bild